Salzburger Wirtschaft - Interview Dr. Erich Egger

21.08.2020 | Seilbahn, Winter

Thema: Österreichische Seilbahnen und die Auswirkungen der Corona-Krise.

Erich Egger ist Vorstand der Schmittenhöhebahn in Zell am See und seit Anfang Juli Obmann der Fachgruppe Seilbahnen in der WK Salzburg. Im Gespräch mit SW-Redakteur Helmut Millinger nimmt Egger zu den Auswirkungen der Corona-Krise und den Vorzeichen für den kommenden Winter Stellung.

Die Corona-Pandemie war bereits in der vergangenen Wintersaison ein Störfaktor. Sie musste vorzeitig beendet werden. Wie sehr hat das die Skigebiete geschmerzt?
Es war natürlich ein großer Schock, dass wir gegen Ende einer extrem gut laufenden Wintersaison am 15. März zusperren mussten. Bis dahin war der Winter nicht nur für uns im Pinzgau rekordverdächtig. Wir waren toll unterwegs und wurden auf null heruntergebremst. Fast alle Liftgesellschaftenmussten auf Kurzarbeit umstellen und es gab eine große Ungewissheit, was die Zeit nach dem Shutdown betrifft. Die größten Sorgen, die wir damals im Hinblick auf den Sommerbetrieb hatten, sind aber zum Glück nicht eingetreten.
 
Die Sommersaison läuft also gut? Wir durften am 29. Mai wieder aufsperren. Die Öffnung der Grenzen am 16. Juni hat für eine gewisse Belebung gesorgt und seit dem Beginn der Ferien
Anfang Juli kommen wirklich viele Gäste nach Salzburg. Die Urlaubsorte in den Gebirgsgauen sind fast übervoll. Das Geschäft läuft gut, vor allem für jene Bergbahnen, die sich spezialisiert
haben. Man muss nur nach Leogang schauen, wo wieder sehr viele Mountainbiker sind. Aber auch in den anderen Gebieten stürmen Wanderer und Ausflügler die Berge. Jetzt hoffen wir, dass der Sommer auch gut zu Ende gehen wird.
 
Der nächste Winter ist nicht mehr allzu weit entfernt. Ich nehme an, die Erwartungen in den Skigebieten sind nicht allzu hoch?
Niemand kann genau sagen, wie es mit der Corona-Pandemie weitergeht. Das macht natürlich jede Planung für die Wintersaison extrem schwierig. Die Grundfrage ist, wie viele Gäste die Möglichkeit haben werden, zu uns zu kommen. Das hängt davon ab, welche Grenzen offen sind. Bei uns in Zell am See sind normalerweise Briten, Iren und Osteuropäer stark vertreten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die russischen Gäste in diesem Winter eine nennenswerte Rolle spielen werden.  Wir haben uns deshalb auf deutliche Rückgänge im Vergleich zum Vorjahr eingestellt.
 
Wenn man sich in der Branche umhört, ist von Umsatzrückgängenvon 20% die Rede. Halten Sie das für realistisch?
Ja, das ist leider realistisch. Es könnte aber auch noch schlimmer kommen.
 
Viele Menschen haben die Lust am Reisen verloren. Fürchten Sie, dass die ausländischen Skifahrer ausbleiben werden? Ausländische Gäste kommen ja
auch aus Deutschland, Holland, Dänemark oder Tschechien. Ich bin zuversichtlich, dass wir in diesen Märkten erfolgreich sein werden. Wenn wir die Pandemie weiterhin gut im Griff haben, werden Wintersportler, die mit dem Auto anreisen können, das auch tun. Man muss aber abwarten, ob der Ausfall von Gästen aus weiter entfernten Ländern kompensiert werden kann. Es gibt sehr positive Rückmeldungen der Hotellerie, die bereits viele Anfragen und Buchungen für den Winter hat. Entscheidend ist aber, wie man damit fertig wird, wenn ein neuer Corona- Cluster aufpoppt.
 
Welche Sicherheitsvorkehrungen ergreifen die Seilbahnunternehmen, um Ansteckungen des Personals zu vermeiden?
Wir haben uns sehr akribisch auf die Sommersaison vorbereitet und jetzt laufen in allen Liftgesellschaften die Vorbereitungen für den Winter. Unsere größte Sorge ist, dass aufgrund
einer Infektion Anlagen gesperrt werden könnten. Wenn wir es nicht schaffen, unsere Mitarbeiter in Gruppen einzuteilen und voneinander zu trennen, könnte es im schlimmsten Fall zu Einschränkungen des Betriebs kommen. Um das zu vermeiden, gibt es Gespräche mit dem Gesundheitsministerium und die Kollegen aus Tirol haben auch schon einen Vorstoß gemacht.
 
Wie können die Gäste bestmöglich geschützt werden?
Im Winter wird es auch weiterhin bei allen Anlagen in den Kabinen die Maskenpflicht geben. Die Kabinen werden gut durchlüftet und ich empfehle den Kollegen, mit den Bahnen so schnell wie möglich zu fahren,  damit die Aufenthaltsdauer verkürzt wird. Es gibt neuralgische Punkte wie zum Beispiel die Kassen, wo viele Menschen zusammenkommen. Wir raten den Skifahrern, die Karten rechtzeitig online zu kaufen, damit sie sich nicht mehr an der Kassa anstellen müssen. Unser Ziel ist auch eine Entzerrung bei den Anlagen. Das kann man erreichen, indem man so früh wie möglich mit dem Betrieb beginnt. Wichtig ist natürlich auch das Desinfizieren und Abstandhalten zu den Mitarbeitern und den anderen Gästen.
 
Was ist noch notwendig, um gut durch den Winter zu kommen?
Ohne die Unterstützung der Skischulen wird es nicht gehen. Wenn alle Kurse um 10 Uhr anfangen, haben wir ein Problem. Hier könnten gestaffelte Beginnzeiten für eine Entzerrung an den Liften sorgen. Auch die Gastronomie kann wesentlich dazu beitragen, dass sich die Gäste sicher fühlen. Die SB-Restaurants werden sicher Maßnahmen ergreifen müssen. Möglicherweise kann man auch nur mehr eine bestimmte Anzahl von Gästen in eine Skihütte lassen.
 
Können große Veranstaltungen wie etwa Ski- Openings überhaupt stattfinden?
Das klassische Ski-Opening, wo 10.000 Leute in ein Stadion kommen, wird es nicht geben. Wir überlegen, andere Formate zu finden, die vielleicht in Zusammenarbeit mit Medien über die Bühne gehen könnten.
 
Im Vorjahr haben Salzburgs Bergbahnen rund 150 Mill. in neue Lifte, Pisten und Beschneiungsanlagen investiert. Wie viel Geld wird heuer in die Hand genommen?
Derzeit werden nur einigewenige Projekte wie etwa die Verbindung von Wagrain nach Kleinarl verwirklicht. Auch bei den Beschneiungsanlagen ist noch einiges im Bau. Die meisten großen Investitionen sind aber wegen des Corona-Shutdowns leider nicht zustande gekommen, weil zum Beispiel die Bauverhandlungen nicht mehr abgewickelt werden konnten. Wir sind gerade dabei, zu erheben, wie viel Geld die Bergbahnen heuer tatsächlich investieren. Ich rechne aber damit, dass mehr als die Hälfte aller geplanten Investitionen verschoben werden musste.
 
Die Digitalisierung ist auch aus Ihrer Branche nicht mehr wegzudenken. Wo wird die Reise in den nächsten Jahren hingehen?
Wir warten sehnlich darauf, dass das Ticket am Smartphone Realität wird. Das ist aber technisch nicht so einfach. Beim Zutritt zu den Liften befinden sich im Umfeld eines Lesegeräts Dutzende Skifahrer mit einem Smartphone. Das System muss die Daten so filtern, dass nur ich als Person und mein Handy erfasst werden. Was die Online-Shops betrifft, sind wir auf einem sehr guten Weg. Als nächster Schritt wird sicher die Vernetzung der verschiedenen Leistungspartner vor Ort also Hotels, Skiverleih, Liftkarten und Skischule kommen. Für eine solche Plattform ist es notwendig, viele Einzelunternehmer in einem Ort und damit viele unterschiedliche Interessen gut aufeinander abzustimmen. Ich weiß, dass in mehreren Regionen in Österreich und der Schweiz intensiv daran gearbeitet wird.
 
Skigebiete werden oft als Klimasünder und Landschaftszerstörer verunglimpft. Ärgert Sie das?
Viele unserer Projekte bedeuten Eingriffe in Natur und Landschaft. Das ist keine Frage. In den zwölf Jahren als Vorstand der Schmittenhöhebahn war es mir aber immer ein Anliegen, solche Dinge so umweltverträglich wie möglich zu machen. Wir sind als einziges Seilbahnunternehmen in Österreich nach EMAS zertifiziert. Das bedeutet, dass wir sehr hohe Umweltstandards erfüllen. Wir haben um nur einige Beispiele zu nennen eine große Photovoltaikanlage am Berg installiert und ein ökologisches Pistenmanagement eingeführt. Die Qualität unserer Pisten wurde von einer Reihe namhafter und sehr kritischer Ökologen überprüft. Dabei hat sich gezeigt, dass es auf den Pisten eine beeindruckende Artenvielfalt gibt. Sie sind vor allem für Insekten ein hochwertiger Lebensraum.
 
Werden diese Bemühungen von Natur- und Umweltschützern anerkannt?
Nein, sie werden nicht zur Kenntnis genommen. Meiner Ansicht nach hat das politische Gründe. Manchen passt es nicht in den Kram, wenn sich herausstellt, dass Pistenflächen keine totale Wüste sind. Ich würde mir sehr wünschen, mit unseren Dauergegnern in einen Dialog über solche Themen treten zu können. Ein guter Kompromiss, mit dem man die Interessen von Ökonomie und Ökologie unter einen Hut bringen kann, ist möglich. Davon bin ich fest überzeugt.
 
Hat der Wintersport, wie wir ihn in Österreich seit Jahrzehnten kennen, eine Zukunft?
Ich glaube, dass er eine große Zukunft hat, weil beim Wintersport die positiven Dinge überwiegen. Das sind die Bewegung in einer wunderbaren Naturlandschaft, der gesundheitliche und nicht zuletzt auch der gesellschaftliche Aspekt. Die Leute wollen sich in so einem Umfeld treffen und Freude und Spaß miteinander haben. Das wird wieder zurückkommen, sobald Corona besiegt ist. Ich glaube nicht, dass das Virus eine totale Veränderung herbeiführt und Skifahren auf einmal nicht mehr in ist. Man sieht gerade jetzt, wie beliebt die Berge sind. Warum sollte das im Winter auf einmal anders sein?
 
In Zahlen: 
  • Salzburgs Seilbahnwirtschaft beschäftigt ganzjährig rund 2.000 Mitarbeiter. Dazu kommen 2.500 Saisonbeschäftigte im Winter.
  • Im gesamten Bundesland gibt es 52 größere Skigebiete sowie eine Reihe von Kleinstskigebieten mit Schleppliften.
  • Die Bergbahnen betreiben insgesamt 422 Seilbahn- und Liftanlagen.
  • Von den 4.700 Hektar Skipisten können etwa 85% technisch beschneit werden.
  • Die 120 Speicherteiche haben ein Volumen von sechs Millionen Kubikmeter Wasser.

Bilder

  1. Dr. Egger im Interview

Katharina Murauer, B.A.

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